TSCHAIKOWSKI funktioniert als ein fiktives Label, die der Designer und Namensgeber Jonathan Tschaikowski für seinen Abschluss „Master of Arts“ an der Hochschule für Künste Bremen ins Leben gerufen hat. Die Abschluss-Präsentation war ein Mode-Happening, die in einer ehemaligen Kühlhalle einer verlassenen Fabrik gezeigt wurde.
F: Beim Einlass zu deinem Mode-Happening wurde jeder mit der Bitte begrüßt, seine Markenkleidung mit einem neon-pinken Tape abzukleben. Dein eigenes Logo war auf dem Laufsteg auch abgeklebt, wieso war der performative Akt wichtig für dich?
Die Idee mit dem Tape habe ich letzten Sommer von einer Make-up Artistin bekommen. Sie kam zu mir und hat das Logo auf meinem Hemd ab geklebt mit den Worten „in London macht man das jetzt so!“. Zunächst fand ich es blöd, mit dem Tape verdeckt man zwar die Marke, doch gleichzeitig erregt die Neonfarbe natürlich Aufmerksamkeit. Das fand ich interessant und seitdem habe ich all meine Logos abgeklebt und es in mein Konzept aufgenommen. Auf seltsame Weise mystifiziert es das Kleidungsstück und genau darum geht es in meiner Arbeit. Ich mochte aber auch den Gedanken, dass man mein Label mit einem Tape assoziiert und ein Teil davon wird. Tatsächlich kam einen Tag nach der Show jemand in einem Restaurant zu mir. Ich kannte ihn nicht, er hatte die Show gesehen und mich angesprochen „Ein Tape kann eine Marke sein!“
F: Nicht nur das Tape war auffällig, sondern auch die Fotos von zwei Menschen, die du als Charaktere für deine Kollektion kommuniziert hast. Worum geht es in deiner Kollektion?
In meiner Kollektion geht es um einen Clash verschiedener Gesellschaftsschichten. Zwei Charaktere: Lennar und Viljam stehen stellvertretend für verschiedene Ordnungen beziehungsweise Klassen unserer Gesellschaft und deren Missverhältnisse. Eine Beobachtung in meinem sozialen Umfeld, in unserer Gesellschaft und Popkultur. Die durch visuelle Sehgewohnheiten und neue technische Entwicklungen zwar beeinflusst wird, jedoch noch immer Stereotypen über Status, Gender, Coolness und Schönheit reproduziert. Mir geht es darum, wer man ist und woher man kommt — und weniger darum wer man sein will.
F: „(Ent-)mystifizierung der Mode — Über die Demonstration des Ichs“ unter diesem Titel hast du deine Arbeit angemeldet. Der Titel hört sich nach einem komplexem Thema an. Was hat es damit auf sich?
Indem Mechanismen und Strategien gezielt eingesetzt werden, wird Kleidung eine Bedeutung gegeben und eine Illusion geschaffen. Ich nenne dies „Mystik“, durch sie wird Kleidung zu „Mode“ ohne die sie nicht auskommt. Die Modebranche kommuniziert heute nicht mehr nur Kleidung, sondern zunehmend Werte und Stil, gepaart mit jeder Menge Entertainment. Marken schaffen eine immersive Welt, um eine Verbindung zu KonsumentInnen herzustellen zu können. Sie dient also dazu, Identität auszudrücken und sich in der Gesellschaft zu positionieren. Die Auswahl und Inszenierung von bestimmten Codes spielt dabei eine wichtige Rolle, um von unserem sozialen Umfeld wahrgenommen und eingeordnet zu werden. Codes, die sich auch in den Looks meiner Kollektion wiederfinden. Meine Auseinandersetzung funktioniert über Verweise und Referenzen als Fingerzeig — wir müssen vermeintlich normativ gelernte Strukturen nicht übernehmen. Und wenn doch, dann passiert es bewusst.
F: Du sprichst von Codes innerhalb deiner Kollektion, kannst du ein Beispiel nennen?
Die Auswahl und Inszenierung von bestimmten Codes spielen für mich eine wichtige Rolle. Ich beziehe den Begriff „Codes“ auf symbolische Zeichen oder Signale, die in der Mode verwendet werden, um bestimmte Bedeutungen oder Botschaften zu vermitteln. Diese Codes können sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie zum Beispiel den Stil, die Farben, Muster, Schnitte oder Materialien von Kleidungsstücken. Die Verwendung von Codes in der Mode dient dazu, Werte, Persönlichkeit oder Zugehörigkeit zu kommunizieren und wahrgenommen zu werden. Meine Tasche beispielsweise ist eine Referenz an den klassischen Kulturbeutel. Er steht aktuell hoch im Kurs: da er günstiger ist als eine Handtasche, wird er von vornehmlich jungen Männern zu diesem Zweck entfremdet — Auf diese Weise haben sie Zugang so einem originalen Luxusgut, ohne sich dabei verschulden zu müssen. Auffälliges Branding spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle.
F: Was würde passieren, wenn man Mechanismen und Strategien innerhalb der Mode weglassen würde?
Lässt man Mechanismen und Strategien in der Modebranche weg, würde die Bedeutung und Illusion, die der Kleidung zugeschrieben wird, verloren gehen. Mode würde ihre „Mystik“ verlieren und somit auch ihren Status als „Mode“. Wahrscheinlich würden wir sie auf rein funktionale Kleidung reduzieren, ohne dass sie einen tieferen Ausdruck von Identität oder sozialer Positionierung ermöglicht. Auch die Inszenierung von den zuvor erwähnten Codes, würde ebenfalls beeinträchtigt werden. Marken würden Schwierigkeiten haben, eine Verbindung zu den Konsumenten herzustellen und Werte zu kommunizieren. Außerdem würde sich der Einfluss der Modeindustrie auf die Gesellschaft verringern und ihre kulturelle und soziale Relevanz verloren gehen.
F: Welche Alternative könnte es stattdessen geben?
Eine Alternative könnte eine bewusste Abkehr von Stereotypen und Klischees sein. Statt diese immer wieder zu bedienen, könnte eine alternative Herangehensweise darin bestehen, Individualität und Vielfalt zu fördern. Anstelle einer standardisierten Inszenierung von Kleidung könnten Modedesigner und Marken versuchen, eine breitere Palette von Stilen, Körperbildern und Identitäten zu kreiieren. Anstatt sich auf die Illusion und Inszenierung zu konzentrieren, würde der Fokus auf Authentizität und Individualität liegen. Es ist wichtig anzumerken, dass diese Alternative bereits von einigen Modedesignern und Marken verfolgt wird, die sich für eine diversere Repräsentation in der Mode einsetzen. Sie zielen darauf ab, stereotype Vorstellungen von Schönheit und Stil zu durchbrechen und ein breiteres Publikums-Spektrum anzusprechen. Sie bedienen sich aber dennoch an herkömmlichen Mechanismen und Strategien, der wichtige Unterschied liegt jedoch in der Transparenz.
F: Du sprichst davon, dass man die klassische Inszenierung weglassen könnte, hast deine Modenschau aber wie ein herkömmliches Label inszeniert — was war dein Ziel?
Als jemand, der innerhalb der Modewelt agiert, sehe ich mich in verschiedenen Rollen: ich bin Konsument, Modefotograf und Modedesigner. Innerhalb dessen verspüre ich eine Dualität zwischen der kreativen Ausdrucksmöglichkeit und der Realität des kapitalistischen Systems. In meiner Arbeit geht es mir um eine kritische Reflexion über eben diese Welt und deren Auswirkungen sowie Zugänglichkeit und verschiedene Aspekte der Modeindustrie, deren Inszenierung und deren Einfluss auf unsere Gesellschaft. Ich erfinde die Welt nicht neu, möchte aber aufzeigen, dass Veränderungen innerhalb des Systems positive Auswirkungen auf unseren Umgang mit „Mode“ haben könnten. Daher würde ich das gezeigte nicht als „klassische Show“ betiteln. Mir ging es darum eine Happening zu Veranstaltern, in dem die ZusachuerInnen Teil des Mode-Entertainments wurden.
TSCHAIKOWSKI funktioniert als ein fiktives Label, die der Designer und Namensgeber Jonathan Tschaikowski für seinen Abschluss „Master of Arts“ an der Hochschule für Künste Bremen ins Leben gerufen hat. Die Abschluss-Präsentation war ein Mode-Happening, die in einer ehemaligen Kühlhalle einer verlassenen Fabrik gezeigt wurde.
F: Beim Einlass zu deinem Mode-Happening wurde jeder mit der Bitte begrüßt, seine Markenkleidung mit einem neon-pinken Tape abzukleben. Dein eigenes Logo war auf dem Laufsteg auch abgeklebt, wieso war der performative Akt wichtig für dich?
Die Idee mit dem Tape habe ich letzten Sommer von einer Make-up Artistin bekommen. Sie kam zu mir und hat das Logo auf meinem Hemd ab geklebt mit den Worten „in London macht man das jetzt so!“. Zunächst fand ich es blöd, mit dem Tape verdeckt man zwar die Marke, doch gleichzeitig erregt die Neonfarbe natürlich Aufmerksamkeit. Das fand ich interessant und seitdem habe ich all meine Logos abgeklebt und es in mein Konzept aufgenommen. Auf seltsame Weise mystifiziert es das Kleidungsstück und genau darum geht es in meiner Arbeit. Ich mochte aber auch den Gedanken, dass man mein Label mit einem Tape assoziiert und ein Teil davon wird. Tatsächlich kam einen Tag nach der Show jemand in einem Restaurant zu mir. Ich kannte ihn nicht, er hatte die Show gesehen und mich angesprochen „Ein Tape kann eine Marke sein!“
F: Nicht nur das Tape war auffällig, sondern auch die Fotos von zwei Menschen, die du als Charaktere für deine Kollektion kommuniziert hast. Worum geht es in deiner Kollektion?
In meiner Kollektion geht es um einen Clash verschiedener Gesellschaftsschichten. Zwei Charaktere: Lennar und Viljam stehen stellvertretend für verschiedene Ordnungen beziehungsweise Klassen unserer Gesellschaft und deren Missverhältnisse. Eine Beobachtung in meinem sozialen Umfeld, in unserer Gesellschaft und Popkultur. Die durch visuelle Sehgewohnheiten und neue technische Entwicklungen zwar beeinflusst wird, jedoch noch immer Stereotypen über Status, Gender, Coolness und Schönheit reproduziert. Mir geht es darum, wer man ist und woher man kommt — und weniger darum wer man sein will.
F: „(Ent-)mystifizierung der Mode — Über die Demonstration des Ichs“ unter diesem Titel hast du deine Arbeit angemeldet. Der Titel hört sich nach einem komplexem Thema an. Was hat es damit auf sich?
Indem Mechanismen und Strategien gezielt eingesetzt werden, wird Kleidung eine Bedeutung gegeben und eine Illusion geschaffen. Ich nenne dies „Mystik“, durch sie wird Kleidung zu „Mode“ ohne die sie nicht auskommt. Die Modebranche kommuniziert heute nicht mehr nur Kleidung, sondern zunehmend Werte und Stil, gepaart mit jeder Menge Entertainment. Marken schaffen eine immersive Welt, um eine Verbindung zu KonsumentInnen herzustellen zu können. Sie dient also dazu, Identität auszudrücken und sich in der Gesellschaft zu positionieren. Die Auswahl und Inszenierung von bestimmten Codes spielt dabei eine wichtige Rolle, um von unserem sozialen Umfeld wahrgenommen und eingeordnet zu werden. Codes, die sich auch in den Looks meiner Kollektion wiederfinden. Meine Auseinandersetzung funktioniert über Verweise und Referenzen als Fingerzeig — wir müssen vermeintlich normativ gelernte Strukturen nicht übernehmen. Und wenn doch, dann passiert es bewusst.
F: Du sprichst von Codes innerhalb deiner Kollektion, kannst du ein Beispiel nennen?
Die Auswahl und Inszenierung von bestimmten Codes spielen für mich eine wichtige Rolle. Ich beziehe den Begriff „Codes“ auf symbolische Zeichen oder Signale, die in der Mode verwendet werden, um bestimmte Bedeutungen oder Botschaften zu vermitteln. Diese Codes können sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie zum Beispiel den Stil, die Farben, Muster, Schnitte oder Materialien von Kleidungsstücken. Die Verwendung von Codes in der Mode dient dazu, Werte, Persönlichkeit oder Zugehörigkeit zu kommunizieren und wahrgenommen zu werden. Meine Tasche beispielsweise ist eine Referenz an den klassischen Kulturbeutel. Er steht aktuell hoch im Kurs: da er günstiger ist als eine Handtasche, wird er von vornehmlich jungen Männern zu diesem Zweck entfremdet — Auf diese Weise haben sie Zugang so einem originalen Luxusgut, ohne sich dabei verschulden zu müssen. Auffälliges Branding spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle.
F: Was würde passieren, wenn man Mechanismen und Strategien innerhalb der Mode weglassen würde?
Lässt man Mechanismen und Strategien in der Modebranche weg, würde die Bedeutung und Illusion, die der Kleidung zugeschrieben wird, verloren gehen. Mode würde ihre „Mystik“ verlieren und somit auch ihren Status als „Mode“. Wahrscheinlich würden wir sie auf rein funktionale Kleidung reduzieren, ohne dass sie einen tieferen Ausdruck von Identität oder sozialer Positionierung ermöglicht. Auch die Inszenierung von den zuvor erwähnten Codes, würde ebenfalls beeinträchtigt werden. Marken würden Schwierigkeiten haben, eine Verbindung zu den Konsumenten herzustellen und Werte zu kommunizieren. Außerdem würde sich der Einfluss der Modeindustrie auf die Gesellschaft verringern und ihre kulturelle und soziale Relevanz verloren gehen.
F: Welche Alternative könnte es stattdessen geben?
Eine Alternative könnte eine bewusste Abkehr von Stereotypen und Klischees sein. Statt diese immer wieder zu bedienen, könnte eine alternative Herangehensweise darin bestehen, Individualität und Vielfalt zu fördern. Anstelle einer standardisierten Inszenierung von Kleidung könnten Modedesigner und Marken versuchen, eine breitere Palette von Stilen, Körperbildern und Identitäten zu kreiieren. Anstatt sich auf die Illusion und Inszenierung zu konzentrieren, würde der Fokus auf Authentizität und Individualität liegen. Es ist wichtig anzumerken, dass diese Alternative bereits von einigen Modedesignern und Marken verfolgt wird, die sich für eine diversere Repräsentation in der Mode einsetzen. Sie zielen darauf ab, stereotype Vorstellungen von Schönheit und Stil zu durchbrechen und ein breiteres Publikums-Spektrum anzusprechen. Sie bedienen sich aber dennoch an herkömmlichen Mechanismen und Strategien, der wichtige Unterschied liegt jedoch in der Transparenz.
F: Du sprichst davon, dass man die klassische Inszenierung weglassen könnte, hast deine Modenschau aber wie ein herkömmliches Label inszeniert — was war dein Ziel?
Als jemand, der innerhalb der Modewelt agiert, sehe ich mich in verschiedenen Rollen: ich bin Konsument, Modefotograf und Modedesigner. Innerhalb dessen verspüre ich eine Dualität zwischen der kreativen Ausdrucksmöglichkeit und der Realität des kapitalistischen Systems. In meiner Arbeit geht es mir um eine kritische Reflexion über eben diese Welt und deren Auswirkungen sowie Zugänglichkeit und verschiedene Aspekte der Modeindustrie, deren Inszenierung und deren Einfluss auf unsere Gesellschaft. Ich erfinde die Welt nicht neu, möchte aber aufzeigen, dass Veränderungen innerhalb des Systems positive Auswirkungen auf unseren Umgang mit „Mode“ haben könnten. Daher würde ich das gezeigte nicht als „klassische Show“ betiteln. Mir ging es darum eine Happening zu Veranstaltern, in dem die ZusachuerInnen Teil des Mode-Entertainments wurden.